NORTHWESTCOAST PORTLAND/OREGON
4. OKTOBER 2019

Ein Besuch in Portland, der größten Stadt des US-Staates Oregon an den Flüssen Columbia und Willamette, mit dem schneebedeckten Mount Hood im Hintergrund, lohnt sich allein schon wegen der vielfach gerühmten Umweltfreundlichkeit und der liberalen Einstellung dieser Stadt, ihren wunderschönen Parks, Brücken, Radwegen und Cafés sowie der dort florierenden Kunst-, Musik- und Theaterszene.

Von diesen Segnungen bekam ich leider nur sehr wenig mit wegen meiner Fokussierung auf die diesjährige dort stattfindende, von rund tausend Besuchern frequentierte 43. Tagung der German Studies Association (GSA), einer USA-weiten wissenschaftlichen Vereinigung, welche sich der Erforschung von Themen in der deutschsprachigen Literatur, Geschichte, Kultur und Politik widmet.

Nach meinem Vortrag „Democracy will win“ kam das Podiumsgespräch mit drei namhaften deutsch-amerikanischen Literatur-Experten unter Einbeziehung einer hochkarätigen Hörerschaft in Gang. Noch dezidierter als bisher wurde dabei ein „korrektiver Aspekt des offenen Dialogs“ betont, der unsere globalen Demokratien befestigen könne. Dieser Punkt kam auf, als die Frage nach den „grundsätzlichen Grenzen eines Dialogs“ gestellt wurde.

Diese Grenzen wurden zunächst für den Fall als gegeben angesehen, wenn Gesprächspartner ein in jeder Hinsicht unvereinbares Welt- und Menschenbild vertreten, worin kein gemeinschaftlicher Nenner mehr erkennbar und jede Verständigung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Für entschieden gefährlicher wurde aber sodann der häufig zu spät durchschaute Fall angeführt, wenn Anhänger festgefahrener und menschenverachtender, dogmatischer Überzeugungen im Gespräch strategisch das Vokabular und die Denkkategorien ihres liberalen Gegenübers einsetzen, um so beim Anderen manipulativ ihre eigene Ideologie „schleichend“ einsickern zu lassen und so zumindest teilweise durchzusetzen.

Als Beispiele dafür wurden auf der europäisch-deutschen Seite die besonders geschult und „geschliffen“ diskutierenden Mitglieder des rechten Flügels der im Deutschen Bundestag vertretenen rechtsextremen „Alternative für Deutschland“ genannt und auf der amerikanischen Seite eine von Präsident Trumps Außenminister Mike Pompeo ins Leben gerufene, sogenannte Menschenrechtskommission, die gern prominente, möglichst liberale Vertreter einer politischen Richtung in ihren Kreis miteinbezieht, um so den Anschein von Liberalität und Kompromissbereitschaft zu wecken und ihre Gegner trickreich aufs Kreuz zu legen.

Mir wurde durch diese im Gespräch gewonnene Erkenntnis noch klarer als bisher, dass wir in unserem unermüdlichen Kampf um die weitere Bewahrung und Festigung demokratischer Lebensformen bereits im Vorfeld wachsam diese Grenzen des offenen Dialogs im Auge behalten müssen. Das heißt, dass wir ein Gespür dafür entwickeln sollten, bis zu welchem Punkt dieser Dialog der einzig richtige Weg bleibt und wann er sinnlos oder sogar gefährlich wird und wir uns zum Schutz unserer Demokratie kommunikative oder sonstige Alternativen dazu überlegen müssen.